Überholung, Reparatur, Umbau und Neubau Klassischer Segelyachten in Holzbauweise

Rennkutter BRITANNIA von 1893

Hamburg, im Winter 2024: Im Auftrag des damaligen Prinzen von Wales und späteren Königs Eduard VII. von Großbritannien wird 1893 ein Big-Class-Rennkutter auf Kiel gelegt, der später auf den Namen H.M.Y. BRITANNIA getauft werden sollte...

Nun soll auf der Hanseatischen Modellbaumanufaktur Werft der Nachbau der legendären, königlichen Regattayacht erfolgen, die später als vermutlich eleganteste und erfolgreichste Regattayacht aller Zeiten Bekanntheit erlangen sollte...

Baubericht der H.M.Y. BRITANNIA

Der Nachbau der H.M.Y. BRITANNIA von 1893 soll auf Grundlage eines Mini Mamoli-Modellbausatzes im Maßstab 1:177 erfolgen. Die MiniMamoli-Bausätze werden zurzeit von Daniel Dusek Shipkits hergestellt und unter anderem von Klaus Krick Modelltechnik vertrieben. Der Preis liegt zum Erwerbszeitpunkt (2023) bei ca. 55,- EUR und bietet nach meiner ersten Einschätzung ein absolut angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis, was sich während des Baus verifizieren lassen wird...

Unboxing des Modellbausatzes von MiniMamoli/Daniel Dusek Shipkits

Nach dem Auspacken des Modellbausatzes wird zunächst eine erste Bestandsaufnahme vorgenommen: Der Bausatz ist optisch sehr ansprechend in einem stabilen Packkarton verpackt. Der Bausatz enthält umfangreiche, detaillierte Baupläne samt 1:1 Riggplänen und Segelrissen, lediglich die Beschreibung der einzelnen Bauschritte fällt etwas knapp aus. Im Karton befinden sich ein sehr sauber gefertigter Massivholzrumpf und diverse Leisten, Kant- und Rundhölzer, zur Rumpfbeplankung sowie zur Fertigung von Gestell, Mast, Baum, Gaffelbaum und der übrigen Stengen und Spieren. Ein Stück weißes Baumwolltuch dient der Segelfertigung, zur Takelung ist eine Rolle helles Takelgarn beigefügt. Abgerundet wird der Kartoninhalt durch diverse Kleinteile aus Metallspritzguß wie Steuerrad und Ankerspill, gelaserte Holzteile für Anker, Luken und Decksaufbauten, sowie diverse Messingösen, -Stifte und -Nägel für die Takelage. Sämtliche Kleinteile sind fein säuberlich in den gesonderten Ablagefächern einer transparenten Plastikbox sortiert, soviel zum guten ersten Eindruck...

Geplante Bauweise und Fertigung des Spantengerüsts

Abweichend vom Bauplan soll der Massivholzrumpf nicht direkt für den Bau verwendet werden, sondern nur als Malle für das Spantengerüst dienen, das später auf klassische Weise beplankt werden soll. Anschließend sollen Decksbalken gesetzt werden und darauf die Decksbeplankung auf klassische Weise erfolgen. Dazu wird im ersten Arbeitsschritt die Massivholzmalle kopfüber auf einer stabilen Basisplatte aus Sperrholz verschraubt. Im zweiten Schritt werden auf der Basisplatte rundum die späteren Spanten markiert. Im dritten Schritt werden nach Entfernung der Malle entsprechende Löcher gebohrt, um die Spanten später auf der Basisplatte fixieren zu können...

Historischer Hintergrund der H.M.Y. BRITANNIA

Die H.M.Y. BRITANNIA wurde vom damaligen Prinzen von Wales Albert Eduard im Jahre 1892 in Auftrag gegeben, nachdem sein Neffe, der deutsche Kaiser Wilhelm II, ihn mit seiner neu erworbenen Big-Class-Yacht METEOR, der ehemaligen THISTLE, auf der Cowes Week beeindruckt hatte. Die BRITANNIA wurde vom renommierten, schottischen Yachtkonstrukteur George Lennox Watson entworfen, und auf derselben Bauwerft wie die THISTLE bei D. & W. Henderson & Company in Glasgow am Fluss Clyde in Schottland gebaut. Dort wurde sie Seite an Seite mit der britischen Herausforderer-Yacht im America's Cup VALKYRIE II gebaut und am 20. April 1893, eine Woche vor der VALKYRIE II, vom Stapel gelassen und getauft.

Erfolgreicher Beginn einer Regattakarriere

Die BRITANNIA entwickelte sich unmittelbar mit ihrem Erscheinen zur erfolgreichsten britischen Regattayacht. Bereits in ihrer ersten Regattasaison 1893 gewann sie in 33 von 34 Wettfahrten, und konnte dabei unter anderem den aktuellen America’s-Cup-Gewinner VIGILANT, und die britische Herausforderer-Yacht VALKYRIE II schlagen. In ihrer zweiten Saison 1894 gewann sie alle sieben Regatten der Big-Class-Serie an der französischen Riviera. Im Rahmen der Cowes Week auf dem Ärmelkanal besiegte die BRITANNIA unter dem Kommando des Prinzen von Wales souverän die kaiserliche METEOR, die Rennyacht seines Neffen Wilhelm II.

Niedergang der Big-Class-Yachten und zeitweise Unterbrechung der Regattakarriere

Mit der Regattasaison 1897 begann nur vier Jahre nach dem Stapellauf der BRITANNIA der Niedergang der Big-Class-Yachten, sodass ihre Rennflagge für die nächsten 15 Jahre nicht wieder gesetzt werden sollte. In dieser Zeit wurde die Yacht verkauft und wechselte sechsmal den Eigner. Zweimal wurde die Yacht auf königlichen Befehl wieder angekauft, einmal um als Sparringspartner für die America’s-Cup-Herausforderer-Yacht SHAMROCK zu dienen, und nach der Krönung König Eduards VII, um als königliche Vergnügungs- und Reiseyacht zu dienen. Mit einem erhöhten Schanzkleid und einem verkleinerten Rigg wurde sie von der königlichen Familie für Reisen in den britischen Küstengewässern und für repräsentative Aufgaben im Ausland genutzt.

Modernisierung und erneute Regattaerfolge nach dem Ersten Weltkrieg 

Im Jahre 1910 übernahm nach dem Tode König Eduards VII. sein Sohn König Georg V. als begeisterter Segler und Commodore des Royal Harwich Yacht Club die BRITANNIA. Unverzüglich veranlasste er ihre erneute Umrüstung und Modernisierung zur konkurrenzfähigen Rennyacht, und setzte das Regattasegeln ab 1913 fort, allerdings nur bis zum Kriegsbeginn 1914. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Yacht nicht genutzt und daher an Land aufgelegt. Nach Kriegsende 1920 wurde die BRITANNIA endlich wieder mit großem Erfolg als Rennyacht eingesetzt. Mit ihrem gigantischen Rigg und ihrer enormen Segelfläche stellte sie sich erfolgreich den schnellen, modernen, großen Yachten ihrer Zeit. König Georg V. war vom Potenzial der BRITANNIA derart begeistert, dass er für die Segelsaison 1922 eine erneute, gründliche Überholung und Modernisierung befahl. Die BRITANNIA erfüllte alle in sie gesetzte Erwartungen und gewann in 23 von 26 Wettfahrten.

Umtakelung auf Bermuda-Rigg, Aufkommen der J-Class und Ende der Regattakarriere

Anfang der 20er Jahre kamen die ersten Yachten der Big-Class mit einem Bermudarigg auf. Das Gaffelrigg der BRITANNIA wurde 1926/27 behutsam verändert, doch erst 1931 gestattete König Georg V. die Umrüstung zum Bermuda-Rigg. Sein hartnäckiges Festhalten am Gaffelrigg erwies sich später als richtige Entscheidung: Mit dem Bermudarigg segelte die BRITANNIA schlechter am Wind, obwohl sie von ihrem Skipper Sir Philip Hunloke brillant geführt wurde. Ab dem Jahr 1934 war sie kaum noch wettbewerbsfähig gegen die neuen, modernen Yachten der aufkommenden J-Klasse. Die letzte Regatta, an der sie teilnahm, war die Cowes Week im Jahre 1935. Während ihrer langen Karriere als Regattayacht gewann die BRITANNIA zwischen 1893 und 1931 insgesamt 231 Rennen und erreichte 129 zweite und dritte Plätze.

Versenkung im Ärmelkanal

Kurz nach der letzten Regatta der BRITANNIA verstarb König Georg V. am 20. Januar 1936. Sein dringlicher und unbedingter Wunsch auf dem Sterbebett war, dass seine geliebte Yacht ihm nachfolgen, und weder abgewrackt noch verkauft werden sollte. Am 10. Juli 1936 wurde die BRITANNIA daher, nachdem Masten und Takelage entfernt worden waren, an eine besonders tiefe Stelle im Ärmelkanal (50°34'00″N, 01°12'00″W) in der Nähe der Isle of Wight geschleppt, und dort durch einen Schuss des Kriegsschiffes HMS WINCHESTER versenkt.

Technische Eckdaten der H.M.Y. BRITANNIA von 1893

Maßstab: 1:177, L280mm, H350mm
Hersteller: MiniMamoli/Daniel Dusek Shipkits
Auftraggeber: Albert Eduard VII. Prince of Wales
Eigner: Albert Eduard VII. Prince of Wales
Konstrukteur: George Lennox Watson
Bauwerft: D. & W. Henderson & Company/Schottland
Länge über alles: 37,20m
Länge Wasserlinie: 26,50m
Breite maximal: 7,60m
Tiefgang: 4,57m
Gewicht: 221to
Segelfläche: 959qm
Rumpf: Mallenspantenbauweise einfach beplankt, englischblau lackiert
Unterwasserschiff: Einfach beplankt, englischrot lackiert
Deck: Decksbalken einfach beplankt, natur lasiert
Rigg und Takelage: Einmast-Rennkutter-Gaffelrigg
Segel: Groß-/Topp/-Focksegel, Binnen- und Außenklüver